EXPERTENINTERVIEW Expertentelefon \"Krebs\" am 2.9.2010

Diagnose Brustkrebs - und nun?

Interview mit Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Leiter der Sektion "Gynäkologische Onkologie" am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen, Universitäts-Klinikum Heidelberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Würden Sie generell allen Frauen eine regelmäßige Mammographie empfehlen oder ab welchem Alter macht das nach Ihrer Meinung Sinn?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Eine regelmäßige Vorsorgemammographie ist ab dem 50. Lebensjahr sinnvoll. In anderen Ländern beginnt das Mammographiescreening allerdings schon ab dem 40. Lebensjahr.

Was kann man außer Medikamenten noch tun, um die Heilungschancen bei einer Krebserkrankung zu verbessern?

  • Professor Dr. Schneeweiss: In der Regel werden den Patientinnen mit Brustkrebs in den zertifizierten Brustzentren alle Dinge mit bewiesener Wirksamkeit automatisch angeboten. Darüber hinaus können die Patientinnen nach Rücksprache mit dem Arzt alles tun, was ihr Wohlbefinden und ihren Glauben an Heilung verbessert. Das gilt, solange ein Schaden - auch finanziell - ausgeschlossen ist. Sinnvoll sind immer Bewegung, Gewichtsnormalisierung, Nikotinkarenz, viel Obst und Gemüse sowie Alkohol nur in Maßen.

Gibt es Empfehlungen, was Patienten tun können, um während und nach einer Chemotherapie oder Strahlenbehandlung den Allgemeinzustand zu stabilisieren?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Es gibt außer den in der vorherigen Frage genannten Dingen keine zusätzlichen Maßnahmen, die die Verträglichkeit einer Chemo- oder Strahlentherapie erhöhen. Wichtig ist das offene Gespräch mit dem behandelnden Therapeuten und seinem Team. Verschiedene Maßnahmen können den Erfolg einer Therapie sogar gefährden.

Warum wird das Mammographie-Screening in der Regel erst Frauen ab 50 Jahren angeboten?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Für Patientinnen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr wird das Mammographiescreening in Deutschland nicht einheitlich empfohlen, da die Ergebnisse der Risiko-Nutzen-Abwägung bisher nicht eindeutig sind.

Wo finden Angehörige von Krebskranken professionelle Hilfe?

  • Professor Dr. Schneeweiss: In Krebskliniken und onkologischen Schwerpunktpraxen.

Wenn eine Frau die Brust abgenommen bekommt und sehr darunter leidet, empfehlen Sie dann einen Brustaufbau und wenn ja, gibt es dazu neueste Methoden?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Ja, ich empfehle dann einen Wiederaufbau. Es gibt dabei verschiedene operative Möglichkeiten. In vielen Fällen wird bereits unmittelbar nach einer Brustentfernung in derselben Narkose damit begonnen. Dies sollte aber nur geschehen, wenn der Tumor komplett entfernt ist und möglichst keine zusätzliche lokale Bestrahlung erfolgen muss. Ein Brustaufbau ist aber auch noch Jahre nach einer Brustentfernung möglich. Als Rekonstruktionsverfahren der Brust stehen folgende Verfahren zur Verfügung: Brustaufbau aus körpereigenem Gewebe, Brustaufbau mit einem Implantat aus Silikon und eine Kombination aus beiden Verfahren.

Und welches Verfahren würden Sie empfehlen?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Das richtet sich nach vielen verschiedenen Faktoren wie der Größe und dem Sitz des Tumors, dem Alter der Patientin und der damit verbundenen operativen Risiken und Begleiterkrankungen. Wichtig für die Wahl des Eingriffes ist auch, ob vorher oder anschließend eine Bestrahlung erfolgte oder erfolgen soll. Ein Wiederaufbau mit Implantaten sollte nicht bestrahlt werden. Hierfür eignen sich Rekonstruktionen mit Eigengewebe.

Ist das Brustkrebsrisiko erhöht, wenn eine Vorbelastung durch eine Erkrankung von Mutter oder Großmutter vorhanden ist?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Brustkrebs tritt in manchen Familien gehäuft auf. Hinweise für eine genetische Veranlagung können beispielsweise zwei an Brustkrebs erkrankte Frauen in einer Linie sein, also etwa Großmutter und Mutter, wobei eine Frau bei Diagnose der Erkrankung jünger als 50 Jahre gewesen sein muss. Dann sollte eine genetische Beratung und Testung einer an Brustkrebs schon erkrankten Frau erfolgen.

Wie sieht eine optimale Brustkrebs-Vorsorge aus?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Da ist zum einen das Selbstabtasten einmal monatlich in der ersten Zyklushälfte. Dazu kommt die regelmäßige Vorsorge beim Gynäkologen entsprechend der Leitlinien. Und schließlich rate ich zur Vorsorgemammographie im Rahmen des strukturierten Mammographiescreenings, bei genetischer Belastung sollte sie im Rahmen eines Hochrisikoprogramms an spezialisierten Zentren erfolgen.

Können auch Männer an Brustkrebs erkranken?

  • Professor Dr. Schneeweiss: Ja. Auf 100 erkrankte Frauen kommt ca. ein Mann mit Brustkrebs. In Deutschland erkranken demnach ungefähr 500 Männer pro Jahr. Werden sie in einem zertifizierten Brustzentrum optimal versorgt, entspricht ihre Heilungschance der von Frauen mit Brustkrebs.
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